... es sind Stimmen in meinem Kopf, in meinem Hirn, in meinen Nerven ... es sind nicht meine Stimmen ... fremde ... sie sprechen mit ihren Worten/ihren Sätzen zu mir ... sagen Sätze, die nicht meine Sätze sind ... ich vereinnahme sie (die Stimmen/die Sätze) und es sind meine ... mit Eigentumsrecht ... sie sind nicht mehr fremd ...
das Unsichtbare sehen - und dann sagen
noch ist die Seite weiß - unbefleckt - fast. Es ist nicht möglich, daß sie weiß bleibt. Es gibt den Zwang zu sehen (auch wenn die Augen geschlossen sind) und den Zwang zu sagen
ich erfinde, damit die Seite nicht weiß bleibt. Ich erfinde eine neue Welt; ich schreibe. Noch ist die Welt im Kopf ...
ich erfinde einen Menschen, setze ihn zusammen; so, daß er in meine Welt paßt. Ich knüpfe eine Beziehung zu diesem Menschen, trete mit ihm in Verbindung. Es kommt zu einer Konfrontation; es kommt zu Konflikten. Die Person macht sich selbständig
ich entwerfe eine Landschaft; ich setze sie zusammen aus den vielen Einzelheiten, die bereits in meinem Kopf vorhanden sind. Ich finde und erfinde gleichzeitig
die Person bewegt sich in der Landschaft. Sie begegnet einem anderen Menschen. Es kommt zu einer Beziehung. Beide begegnen einander und begegnen mir. Die Natur drängt sich dazwischen. Was ist das: Natur
Ich spreche über meine Gefühle. Ich spreche über meine Gefühle gegenüber erfundenen Menschen und Landschaften
Das ist die Wirklichkeit und meine Auseinandersetzung mit ihr
Die anfangs weiße, unschuldige Seite hat nun ihre Unschuld verloren. Ich habe einen Text geschrieben, über den ich nun nichts mehr sagen kann
1
Eine Schrift, eine Spur hinterlassen auf dem weißen, unschuldigen
Papier...
Ein anderer kommmt und entziffert diese Spur, diese Schrift.
2
WAS DENKT SICH EIGENTLICH JEAN-LUC GODARD?: Ästhetische
Ideen beschäftigen mich immer noch, auch ethische Ideen, aber sie
haben Beziehungen untereinander. Die Beziehungen müssen nicht vage
sein, wie zwischen Blumen. Die echte Beziehung zwischen Blumen ist die
Erde, das Wasser, das diese Erde nährt, das ist auch der Gärtner,
der dieses Wasser bringt. Das sind die echten Beziehungen. Früher
sah ich nur zwei Blumen, mehr nicht.
Jean-Luc Godard in einem Gespräch, in: Süddeutsche Zeitung,
München, Nr. 80 vom 3./4.4.1971
3
ZUM THEMA MORAL: Bogdanovich: Why does Bancroft sacrifice
herself for the others? - Ford: I think that's a rather naive question,
Peter. She was a doctor - her object in life was to save people. She was
a woman who had no religion, but she got in with bunch of kooks and started
acting like a human being.
Peter Bogdanovich: John Ford, London 21968, p. 107
4
MAN sagt mir: es ist die Angst vor dem Alleinsein, der Nichtanerkennung,
der mangelnden Zuwendung, die dir so zu schaffen macht. - Ich arbeite und
arbeite und arbeite und sehe keinen Erfolg. Ich stehe immer wieder vor
dicken Mauern.
»Du bist stärker als alles andere, das mich je in Anspruch genommen hat; ich werde nie von dir loskommen; diese Erfahrung ist schmerzlich, doch unabwendbar. Alle anderen Erfahrungen haben kein Gewicht mehr. Du bist zu stark, meine Liebe!«
Regentropfen, die an mein Fenster klopfen...
5
Woher die Hilfe nehmen, die ich dringend brauche? - Die Rede geht weiter,
aber sie geht nicht allein von der Zunge, sie macht sich nicht von selbst
auf den Weg...
Es dröhnt im Hirn.
Wer öffnet den Blick für die Geheimnisse, die es zu erforschen
gilt? (Welche Geheimnisse?)
Dunkelheit.
Wo sind die Freunde, die helfen?
6
TRINCKEN, wenn es nicht vor dem fünf und dreysigsten Jahre
geschieht, ist nicht so sehr zu tadeln, als sich viele von meinen Lesern
vorstellen werden. Dieses ist ohngefehr die Zeit, da der Mensch aus den
Irrgängen seinen Lebens heraus auf die Ebene tritt in welcher er seine
künftige Bahn von nun an offen vor sich hinlaufen sieht. Er ist betrübt,
wenn er alsdann sieht daß es die rechte nicht ist, eine andere zu
suchen, wenn er nicht sehr gut zu Fuß ist, ist gemeiniglich zu spät.
Ist diese Entdeckung mit einer Unruhe verknüpft, so hat man durch
die Erfahrung befunden, daß der Wein zuweilen Wunder thut, fünf
bis sechs Gläser oder bis an die 'Spes di-ves' des Horatz getruncken,
giebt nun dem Menschen die Lage, die er verfehlt hat, das Gesinnungen System
findet alles äussere mit seinem angenehmsten System harmonisch, wo
Prospeckte verbaut sind, da reißt die Seele ein, und überall
schafft sie sich die schönsten Perspecktiven, von dem reinsten Rosenfarbenen
Licht erhellt, oder dem erquickensten Grün das nur ein Auge zur Stärckung
und eine Seele zur angenehmsten Füllung verlangen kann.
Georg Christoph Lichtenberg: Gedankenbücher, Frankfurt/Main 1963,
Seite 30-31
7
WITH A LITTLE HELP FROM MY FRIENDS: Nicht umsonst haben
die Engländer vor vielen Jahren die Opiumfelder in China niederbrennen
lassen und man hat auf der ganzen Erde den freien Gebrauch von Opium, Heroin,
Morphium und allen anderen vorgeblich krampferzeugenden Pflanzen wie das
Peyotl, das Agar-agar oder das Beri-beri verboten. Man wollte nämlich
verhindern, daß die Menschen wieder auf einen alten vorgeburtlichen
Begriff des Seins kommen, den alle Sekten und Religionen verborgen haben.
Denn das Leben ist nicht diese destillierte Langeweile, in der man unsere
Seele seit sieben Ewigkeiten kasteien läßt, es ist nicht dieser
höllische Schraubstock, in dem das Bewußtsein verschimmelt,
und das Musik, Poesie, Theater und Liebe braucht, um von Zeit zu Zeit,
aber so wenig, daß es nicht der Mühe lohnt, davon zu sprechen,
zum Ausbruch zu kommen. Der Mensch langweilt sich zu Tode und so zutiefst
in sich selbst, daß er es nicht mehr weiß. Er legt sich nieder,
er schläft, er steht auf, er geht spazieren, ißt, schreibt,
er verschlingt, er atment, er scheißt wie eine gedämpften Tons
funktionierende Maschine, wie ein in die Landschaft der Erde Eingegrabener,
der resigniert hat, den die Landschaft sich unterworfen hat, wie man einen
Leibeigenen auf den Klotz eines ungesunden Körpers schnürt, und
unterworfen der Lektüre, guten Tag, guten Abend, wie geht es ihnen,
das Wetter ist schön, der Regen wird die Erde auffrischen, was sagen
die Nachrichten, kommen sie doch zu mir zum Tee, Tricktrack, Karten, Kugeln,
Dame- und Schachspiel, aber nicht um das handelt es sich, ich will sagen,
nicht das bestimmt das schmutzige Leben, das wir leben. Was es bestimmt:
man hat uns aus allen unseren Wahrnehmungen und Eindrücken herausdestilliert,
so daß wir nur mehr tropfenweise leben, die Luft der Landschaft nur
mehr obenhin und am Rande atmen und die Liebe ganz von außen, ohne
sie uns ganz nehmen zu können. Und das nicht, weil die Liebe keine
Seele hätte, sondern weil es die Seele der Liebe nicht mehr gibt.
Für mich gibt es nur das Absolute oder nichts, und das ist es, was
ich dieser Welt zu sagen habe, die weder Seele noch Agar-agar hat. Es gibt
in der Surrealität der Angst, im Zustand der Angst einen Schlamm,
der von den Religionen ausgetrocknet wurde, den seit sieben Ewigkeiten
alle Bürger und alle Feigen dieser Erde und dieses Lebens ausgenützt
haben. Und dieser Schlamm ist der Wiederbeleber, er nennt sich nicht die
Poesie der Dichter noch die Musik der Harmonien, er ist kein Name, sondern
der Körper selbst der Seele, der Seele, die der Christus aus dem Leben
verjagt hat, um sie seinem Paradies zu konservieren (hier-liegt) und die
die Sekten der Eingeweihten auf der Erde in geheimen Zentren abgelenkt
haben, um sie tropfenweise und Tag für Tag zu geben, wenn es ihnen
gefällt. Was am meisten dieser Seele ähnelt, ist Opium, Agar-agar,
Heroin, Beri-beri, das Peyotl und das Kokain sind verdorbene Auszüge
davon. Aber der Alkohol ist ihr ewiges Brandprodukt, das heißt ihre
Austrocknung. Deshalb hat man das Delirium tremens des Alkohols unaufhörlich
zugelassen ebenso wie die Hysterie und die Epilepsie, die Generation um
Generation aus ihm entstehen, während Armeen von Bütteln, Medizinern,
Wärtern und Nonnen sich gegen die sogenannten Süchtigen wenden.
Die Drogen nehmen, machen es, weil sie in sich einen angeborenen und vorbestimmten
Mangel haben - oder weil sie als Dichter ihres Ichs im Leben vor den anderen
Menschen gefühlt haben, was dem Leben seit jeher abgeht.
Antonin Artaud in einem Brief an Henri Parisot, in: Walter Höllerer
(Hrsg.): Theorie der modernen Lyrik. Dokumente zur Poetik I, Reinbek 1965
(= rororo 231/232/233), Seite 336-337
8
Wer NÜTZLICH ist, ist bereits vereinnahmt. Er kann sich nicht
mehr wehren, steckt bereits zu tief im Schlamm des Allgemeinen, als daß
er sich noch an den eigenen Haaren aus dem Sumpf ziehen könnte.
Das Ziel wäre also: so UNNÜTZ wie möglich zu scheinen zu wirken ... Dann besteht die berechtigte Hoffnung, daß ICH / DU in Ruhe gelassen wirst.
Aber: wie mache ich mich zu einem unnützen Glied (sic!) der Gesellschaft?????
9
Es ist nicht möglich, den TON zu halten.
Immer wieder rutsche ich ab.
Von einer Form in die andere und umgekehrt.
Ich beginne mit einer gedanklich-inhaltlichen Problematik und auf einmal
steht da ein Gedicht
wo doch eigentlich
ein Essay (oder so ähnlich)
erscheinen sollte...
So ist das also -
es macht aber nichts...
Alles ist Form, Nichts ist Form...
Wo ist der Inhalt?
Die Problematik von Inhalt & Form kann mich am Arsch lecken!
10
"Es muß alles ganz anders werden!" rief die gut gebaute Fee und
verschwand in dem Riß in der Wand. - Stumm blickte ich ihr nach und
wußte nichts zu sagen.
11
BILLY
von nebenan
war ein irrer vogel
Mandelsplitter-Schokolade und schneebedeckte Berggipfel in den Alpen! Schöne Mädchen im Gras! Die letzten Western! - Was ist das heute doch für eine beschissene Zeit, in der man sich nur noch dumpf nostalgisch an die Good Old Days erinnern kann; die eigene Gegenwart wird auf verbrecherische Weise vernachlässigt! Deshalb wird die Erinnerung an heute später einmal zu Übelkeit und Erbrechen führen...
Die Schlagzeilen der 'Frankfurter Rundschau' vom Montag, 5. Januar 1987, Jahrgang 43, Nr. 3/2, D-Ausgabe, Seite 1:
CSU verlangt Wende in der Außenpolitik. 'Realistische Entspannung' angekündigt
NS-Kriegsverbrecher aufgestöbert
Rüstungshandel mit Iran durch Bonn vereitelt? Münchner Konzern wollte zwölf Flugzeuge liefern
Einigung mit Rebellen. Philippinische Moslems akzeptieren begrenzte Anatomie
Noch kein 'Schllußstrich'. Morde der Militärs kommen vor Argentiniens Zivilgerichte
Israel stoppt Fährschiff. Angebliche Terroristen an Bord
Parteien stiegen betont bürgernah in heiße Wahlkampfphase ein
Botha: Rassentrennung bleibt
Lybischer Bombenangriff auf umkämpfte Städte in Tschad?
Kabul bietet Waffenruhe an
Vom Sarg zum Erdmöbel
Wetterbericht
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Die Brutalität nimmt ungeheuer zu und wir stehen machtlos / ohnmächtig herum und können nichts tun. Der Arm wird lahm, wenn wir die Axt heben, um den Fernsehapparat in Stücke zu schlagen; die Zündhölzer fallen uns aus der Hand, wenn wir unsere 'Schöner-Wohnen-Wohnung' in Brand stecken wollen. Schlechte Zeiten sind das!
das hat er nun davon
der arme irre
12
FRANZ KAFKA SPRICHT: 20. August. Die kleinen Jungen,
beide in blauen Blusen, einer in heller, der andere in dunklerer, tragen
über den Universitätsbauplatz vor meinem Fenster, der zum Teil
wild mit Gras bewachsen ist, mit vollen Armen jeder ein Bündel trockenen
Heus. Sie schleppen sich damit den Abhang hinauf. Annehmlichkeit des Ganzen
für die Augen.
Heute früh der leere Leiterwagen und das magere große Pferd davor. Beide, wie sie letzte Anstrengung machten, einen Abhang hinaufzukommen, ungewöhnlich in die Länge gezogen. Für den Beschauer schief aufgestellt. Das Pferd, ein wenig die Vorderbeine gehoben, den Hals seitwärts und aufwärts gestreckt. Darüber die Peitsche des Kutschers.
(...)
21. August. Unaufhörlich Lenz gelesen und mir aus ihm - so steht
es mit mir - Besinnung geholt.
Das Bild der Unzufriedenheit, das eine Straße darstellt, da
jeder von dem Platz, auf dem er sich befindet, die Füße hebt,
um wegzukommen.
30.August. Die ganze Zeit nichts gemacht. Besuch des Onkels aus Spanien. Vorigen Samstag rezitierte Werfel im Arco die 'Lebenslieder' und das 'Opfer'. Ein Ungeheuer! Aber ich sah ihm in die Augen und hielt seinen Blick den ganzen Abend.
Ich werde schwer aufzuschütteln sein und bin doch unruhig. Als ich heute nachmittag im Bett lag und jemand einen Schlüssel im Schloß rasch umdrehte, hatte ich einen Augenblick lang Schlösser auf dem ganzen Körper wie auf einem Kostümball, und in kurzen Zwischenräumen wurde einmal hier, einmal dort ein Schloß geöffnet oder zugesperrt.
Umfrage der Zeitschrift 'Miroir' über die Liebe in der Gegenwart
und über die Veränderungen der Liebe seit der Zeit unserer Großeltern.
Eine Schauspielerin antwortet: Niemals hat man so gut geliebt wie heutzutage.
Franz Kafka: Tagebücher 1910-1923, Frankfurt/Main 1967, Seite
203-204
13
Mit ca. 14/15 Jahren habe ich begonnen zu SCHREIBEN. (Nicht: zu leben!)
- Zuerst Abenteuergeschichten und kleine erotische Romane. Das lief ungefähr
2-3 Jahre lang; dann habe ich die Hefte, in die ich alles geschrieben hatte,
verbrannt.
Zweite Phase: POESIE: Liebesgedichte hauptsächlich -, die ich dann nach einiger Zeit auch wieder weggeworfen habe. (Das war die Pubertät!)
Irgendwie ist mir das alles sehr peinlich (vor mir, nicht vor EUCH!).
Wenn ich alles ganz genau aufschreiben könnte, was mir in einer ganz bestimmten (aber auch beliebigen) Stunde meines Lebens im Kopf herumgeht, dann hätte ich (wäre diese ARBEIT geleistet) nichts weiter zu sagen. - Aber diese Vorstellung bleibt wohl ein ewig unerfüllbarer Traum.
Jeden Tag geht die Sonne auf und jeden Tag sehe ich zum Fenster hinaus, um immer wieder das Gleiche zu sehen. Ich schließe die Augen, lehne mich zurück und träume von einem besseren Leben mit besseren Texten, schöneren Filmen und Mädchen, mehr Zärtlichkeit und Liebe. Ich schreibe was ich träume wie ich leben möchte.
Die Jahre vergingen und meine Selbstachtung stieg mit meiner Selbsttäuschung, und noch heute kann ich mich der bunten und warmen Bilder selten erwehren, die von dem Piratenfilm 'Anne of the Indies', der geschwungenen Küste von Paros, den schmalen Hüften der Manu, dem 'Wanderer' von Sterling Hayden, dem Fleisch des Hummers auf mich einströmen... Doch was schon vor Zeiten romantisch gewesen war, das ist heute nur mehr lächerlich. Gedichte hatte ich sowieso nie geschrieben, und irgendwann hörte ich denn auch auf, an ein Theaterstück zu denken, mir etwas vorzumachen, Wörter zu lutschen, Werke zu zeugen, die Hirnmuskeln zum Schauspiel zu stellen, den Mund voller zu nehmen als meine Faust groß ist... Es geht mir nicht besser heute, aber ich fühle mich besser. (Wolf-Eckart Bühler: Meine 295 letzten Gedanken im Kino, in: Icon Nr. 3, Göttin-gen, Nov./Dez. 1973, Seite 50-51)
ICH rede von MIR. - Von den verschiedensten Dingen / Gegenständen des Alltags & des Sonntags; vom Leben im Allgemeinen & im Besonderen; von den unterschiedlichsten Vorkommnissen unseres (MEINES!) Daseins.
Es sind Spaziergänge, Erkundungen...
Nicht jeder hat die Möglichkeit, das auf Anhieb zu schaffen, was
er möchte.
Es ist eine Frage der Arbeitstechnik.
Herausfinden, wie die Organisation vonstatten geht.
Unkontrollierte Gedanken vorerst.
Vom Brotberuf so abhängig, daß die Gedanken nur langsam
und zögernd kommen.
Konzentration und Arbeit als Organisation der Gedanken.
Die Gedanken kommen, machen sich auf den Weg zu mir, suchen mich heim,
packen mich, nehmen Besitz von mir, so wie ich von ihnen Besitz nehme.
Ich bin müde, kann nicht aufstehen, um sie festzuhalten, es muß
einen anderen Weg geben.
Welchen?
Bewußtmachungsprozesse.
Wie bekomme ich mein Bewußtsein in den Griff?
Gibt es ein 'richtiges Bewußtsein'?
Gibt es ein 'falsches Bewußtsein'?
Kann man nur (gut!??!) schreiben, wenn man ein 'richtiges' Bewußtsein
hat???
Woher stammen die Kriterien???
Bevor die Fragen überhand nehmen, mache ich lieber einen Punkt
Es geht weiter - aber wie - weiß niemand zu sagen.
Besinnungslosigkeit ist angesagt.
Politiker reden und reden und reden ... da liegt schon einmal der Wunsch
nahe, den Mund zu halten, zu schweigen von den Dingen, auf die es ankommt.
(Worauf kommts denn an? Bitte schön?)
Ich möchte siegreich sein, mich nicht unterkriegen lassen von
denen.
Von denen, die mich nicht berühren dürfen.
Wenn ich lebe, schreibe ich nicht.
Wenn ich schreibe, lebe ich umso intensiver.
Seume hat aber trotzdem recht.
Manchmal scheint es mir, als gäbe es nur noch Widersprüche.
Dann wieder erscheint wie ein Regenbogen am Horizont die unsägliche
Harmonie.
Der Männergesangverein.
Dann schreibe ich nicht mehr.
Dann vergehts mir.
Irgendwann einmal werde ich genaueres wissen und mich dann wieder zu
Wort melden.
Wann aber (zu welchem Zeitpunkt) werde ich so weit sein, daß ich
mich wohl fühle und nicht mehr schreiben brauche von dem, was mich
angeht?
Irgendwann einmal.
Ich hoffe.
Die Räder rollen weiter.
Ich kann sie nicht anhalten.
Die Liebe geht vorbei auf Stelzen und ich erreiche sie nicht.
Irgendwann einmal kommt die Zeit, in der ich liebe und geliebt werde.
Dann werde ich ruhig sein.
Dann werde ich den Mund halten.
Dann werde ich schweigen.
14
Es ist unmöglich,
einen Roman zu schreiben.
15
Leben & Arbeiten & Schreiben...
ein unendlicher Prozeß, der die Mühe nicht lohnt. Partisanenkrieg
auf eine stille, verborgene, undurchdring- und -schaubare Art & Weise.
Um das Leben kämpfen und nicht aufgeben; auch wenn die Rückschläge
(zu) zahlreich werden. Der Sieg ist unser! (MEINER!)
Hinterhältig sein!
Denn offen und ehrlich hat keinen Sinn mehr. Der Schuß in den
Rücken: das ist die neue Heldentat!
Feigheit! Ängstlichkeit! Hysterie!
Das ist die dreigefaltete Antriebskraft aller meiner Taten und Werke,
- meine Lebensmaxime!
Aus dem Hinterhalt schießen - und ein Held sein...
16
NOTIZ ÜBER ARBEITSBEDINGUNGEN: Liberale Unternehmen:
Süddeutsche Zei-tung, ... Verlag ... etc:
In und mit solchen Verwaltungen eine richtige Arbeit
zu machen ist möglich durch die in ihnen bestehende Unfähigkeit-Ignoranz-Schlamperei;
eben durch diese können Sachen zustande kommen, welche die Verwaltungen
bei vollem Bewußtsein nicht zulassen. Der aus dem Kräfteverbrauch
entstehende Wunsch nach weniger Unfähigkeit-Ignoranz-Schlamperei ist
irrig: Die Ordnung würde eine polizeistaatliche sein.
Dieselbe Unfähigkeit-Ignoranz-Schlamperei ist
es, die jene Verwaltungen unreformierbar macht: sie macht die ständigen
Gewaltanwendungen, Lügen, Erpressungen, die auch der angebliche Liberalismus
nicht auf sich sitzen lassen könnte, unkenntlich: die Gewaltanwendung
war ein Mißverständnis, die Lüge ein Versehen, die Erpressung
eine Panne. Die Vorgänge sind nicht einmal rekonstruierbar.
Helmut Färber in: Filmkritik Nr. 225, München, September
1975, Seite 429
17
...Partisanenkampf in der Literatur? - Wo ist der Ausgangspunkt? Von
wem gehen die Ideen / Maximen / Parolen aus? Wer übernimmt die Führung?
...Wenn alles ein Brei ist, besteht Erstickungsgefahr. Wenn die allgmeine Verblödung fortschreitet, kann nur noch die Konzentration der Gedanken helfen...
...eine kritisch zu prüfende Theorie...
18
Der Kommunist muß sich bei allem nach dem Warum fragen und
in seinem eigenen Kopf gründliche Überlegungen dahingehend anstellen,
ob etwas der Realität entspricht oder nicht, bzw. ob es wirklich stimmt
oder nicht. Unter keinen Umständen darf er etwas blind befolgen, unter
keinen Umständen darf er für eine sklavische Gesinnung eintreten.
Alle, die wirkliche Arbeit verrichten, müssen in ihren Untersuchungen
von unten anfangen. Für diejenigen, die lediglich mit der Theorie,
nicht aber mit der realen Situation vertraut sind, ist diese Untersuchungsarbeit
besonders wichtig; andernfalls werden sie die Theorie nicht mit der Praxis
in Verbindung bringen können. 'Wer nicht untersucht, hat nicht das
Recht mitzureden.' Obwohl dieser Satz bereits als 'enger Empirismus' verspottet
worden ist, bereue ich ihn dennoch bis heute nicht; nicht nur, daß
ich ihn nicht bereue, ich halte nach wie vor daran fest, daß niemand,
der nicht eine Untersuchung angestellt hat, das Recht zur Mitsprache für
sich in Anspruch nehmen kann. Es gibt viele Leute, die 'vom Wagen springen
und sofort beginnen', mit großen Redensarten diskutieren, ihre Meinung
äußern, dieses kritisieren und jenes verurteilen; in der Praxis
scheitern zehn von zehn solcher Leute. Da derartige Reden und Kritiken
nicht aus gründlicher Überlegung hervorgehen, sind sie nichts
anderes als dummes Geschwätz. Der Schaden, den die sogenannten 'Allerhöchstbevollmächtigten'
unserer Partei zugefügt haben, ist unermeßlich. Und die 'Allerhöchstbevollmächtigten'
fliegen über den ganzen Himmelskreis, und es gibt sie nahezu überall.
Die Politik: Hundert Blumen blühen, hundert Denkrichtungen
streiten miteinander, ist eine Politik, die die Entwicklung der Künste
und den Fortschritt der Wissenschaft, das Aufblühen der sozialistischen
Kultur in unserem Lande vorwärtstreibt. In der Kunst können sich
verschiedene Formen und Stile frei entfalten, in der Wissenschaft können
verschiedene Schulen frei miteinander wetteifern. Mit administrativer Gewalt
die Ausbreitung des einen Stiles und der einen Schule und die Unterbindung
des anderen Stiles und der anderen Schule zu erzwingen, das kann, so meinen
wir, der Entwicklung der Kunst und der Wissenschaft zum Schaden gereichen.
Die Frage, ob etwas in Kunst und Wissenschaft richtig oder falsch ist,
muß durch freie Diskussion im Bereich der Kunst und der Wissenschaft,
durch künstlerische und wissenschaftliche Praxis entschieden werden;
man darf sich nicht vereinfachender Methoden bedienen, um sie zu lösen.
Worte des Vorsitzenden Mao Ze Dong
19
MIT BILDERN ARBEITEN: Ich denke, es ist einfacher, mit
Bildern zu ar-beiten. Es sind tatsächlich wenige Bilder, und bei wenigen
Bildern kann man die Beziehung zwischen den Bildern besser sehen. Der Imperialismus
benutzt eine Eigenschaft der Photographie: die Illusion der Wirklichkeit.
Wir sagen, das ist eine Illusion, wir sagen nicht, es hat die Wirklichkeit
einer Illusion, wir sagen, es ist imaginär. Wenn ich dein Bild nehme,
erkenne ich dich. Aber ich erkenne nicht alles von dir. Mit deinem Bild
allein kann ich nicht wissen, wieviel du verdienst, wer du bist, wie du
lebst. Ich kann dich bloß auf der Straße erkennen. Übrigens,
wer benutzt dieses Photo? Die Polizei. Es ist ein Identifizierungsphoto.
Die Polizei interessiert sich gar nicht dafür,
wer du bist, wen du liebst, wie du arbeitest, wieviel du verdienst, was
du möchtest und so weiter. Die Polizei will dich bloß erkennen,
um dich auf der Straße verhaften zu können, wenn du dich schlecht
aufführst. Alle Bilder in der Welt werden in derselben Optik wie das
Identifizierungsphoto gemacht, es sind polizeiliche Bilder, mit einer Polizei-Optik
gemacht. Die Chinesen haben am Anfang der Kulturrevolution aufgehört,
Filme zu machen, weil sie keine Polizei-Bilder machen wollten, sie wollten
Bilder machen, die von woanders kommen. Sie haben bemerkt, daß es
augenblicklich nicht möglich war. Diese Bilder werden später
kommen. Im Kampf werden sie entdecken, wie man neue Bilder macht. Die Arbeiter
werden sich mehr um Philosophie kümmern, die Philosophen mehr um die
Arbeit auf den Feldern oder in den Fabriken. Von da aus wird etwas anderes
entstehen.
Jean-Luc Godard in einem Gespräch, in: Süddeutsche Zeitung
Nr. 80 vom 3./4.4.1971
20
Der Singvogel der Poesie läßt sich, ebenso wie die Eule,
der Vogel der Weisheit, nur nach Sonnenuntergang hören. Am Tage werden
Geschäfte abgewickelt, in der Dämmerung fangen Gefühl und
Vernunft an, sich über das Geschehene bewußt zu werden. Die
Idealisten, und unter ihnen die mit Taubheit und Blindheit geschlagenen
Nachzügler, die russischen Subjektivisten, glaubten, die Welt würde
vom Bewußtsein, vom kritischen Denken bewegt, mit anderen Worten,
die Sachwalter des Fortschritts seien die Intellektuellen. In Wirklichkeit
aber wackelt das Bewußtsein in der ganzen vergangenen Geschichte
hin-ter den Tatsachen her, und für den rückständigen Stumpfsinn
der Berufsintellektuellen bedarf es nach den Erfahrungen der russischen
Revolution keines weiteren Beweises. Mit vollkommener Evidenz wird dieses
Gesetz auch auf dem Gebiete der Kunst wahrgenommen. Der traditionelle Vergleich
der Dichter mit den Propheten kann vielleicht in dem Sinne akzeptiert werden,
daß die Dichter ihre Epochen ungefähr mit derselben Verspätung
wiedergeben wie die Propheten. Wenn es vorkommt, daß manche Propheten
und Dichter 'ihrer Zeit voraneilen', so bedeutet es bloß, daß
sie gewissen Bedürfnissen der gesellschaftlichen Entwicklung Ausdruck
verliehen haben mit einer geringeren Verspätung als ihre übrigen
Kollegen.
Leo Trotzki: Literatur und Revolution, Wien 1924, Seite 15-16
When the music's over,
turn out the light...
_____________________
Before I sink into the sleep
I want to hear
the scream of the butterfly
Jim Morrison
1
16.4.1940 in Vechta/Oldenburg geboren, dort aufgewachsen (und zeitweilig
in einem emsländischen Dorf) bis 1959.
2
Was dieses Faktum bedeutet, kann nur der ermessen, der dieses Land
kennt (und liebt/haßt).
Weites Land, ent-grenzter Blick, Kühle und Kälte, die Gedanken
gefrieren läßt, festhält. Geest und Moor. Der Blick wird
geschult fürs Kleine, Unscheinbare und dennoch Bestimmende. Einsame
Menschen: wortkarg und trinkfest. Aber auch ein Gegenbild zum babylonischen
Wirrwarr der Städte. Menschsein ist hier noch möglich, und Brinkmann
hat gerade in seinen späten Gedichten diese Landschaft immer wieder
als Flucht- und Ruhepunkt erinnert (Reisen in die nördlichen Gärten,
S. 31; Notizen zu einer Landschaft bei Vechta i.O. für H.P., S. 109-111;
Lied von den kalten Bauern auf dem kalten Land, Nordwestdeutschland, Kriegs-
und Nachkriegszeiten, S. 112-113; alle in: Westwärts 1&2, Reinbek
1975).
In der Stadt ist der Einzelne (und in besonderem Maße der Dichter
der Vereinzelte. So bleibt nur die Erinnerung: Träume von
Grünkohl, Pinkelwurst, Schweinerippchen und Salzkartoffeln, vorher
eine Sternchennudelsuppe, nachher einen Steinhäger (wenn ich nur nicht
dabei so dick würde, ich äße das schon einmal wieder gern,
dann anschließend ein Gang durch frostiges Wintermoor mit Eis auf
den tiefen Treckerspuren im Weg. Und oben die weiße Mondhelle. Dazu
prima eingemummelt, Fernsehen steht im Stall. Der Hund bellt. Die Katze
jagt nach Mäusen und kommt angeschnurrt. (Reibt wie jede Katze, zuerst
den Kopf am Bein, und hält dann das Hinterteil hin.) - Dafür
würde ich gern ganz Rom eintauschen. - Und nachher flüstern.
Lesen. Träumen. Schlafen. - Gibt es das nicht mehr? - Die Schönheit
einer gelben Hundsblume. (Rom, Blicke, Reinbek 1979, Seite
183)
Trotz der in den angeführten Gedichten äußerst kritischen
und verurteilenden Haltung gegenüber dem Geburtsort und seinen Menschen
doch eine Sehnsucht, die die anderen Orte in Brinkmanns Leben (Nordhorn,
Essen, Köln, Rom, Austin/Texas, u.a.) nicht stillen konnten.
Ersehnte Idylle, die nie existierte.
(Literaturhinweis: Bernd Witte: Vechta. Ein Ort für Rolf Dieter
Brinkmann, in: Text + Kri-tik Nr. 71, München 1981, Seite 7-23)
3
Nach einer Buchhändlerlehre in Essen zog Brinkmann 1962 nach Köln
(Engelbertstraße). Selten ist (war) ein Ort (die Wohnung!) für
einen Schriftsteller (und sein Werk!) so bestimmend (geworden). Ein ständiges
Sich-Entfernen und Wiederzurückkommen, vor allem nach 1970. Unzählige
poetische Auseinandersetzungen.
Die wohl dichteste, düsterste und damit (für Brinkmann) zu-treffendste
Kritik Kölns findet sich im Tagebuch von 1971: Erkundungen für
die Präzisierung eines Gefühls für einen Aufstand, Reinbek
1987, Seite 50-56 (linke Spalte): apokalyptische Visionen (!), die einer
eingehenderen und genaueren Lektüre zu empfehlen sind.
4
ROM 1972/1973: ein Zitat:
Mentalität: in verstopften Straßen trillerndes Pfeifen
von Polizisten, wahnsinniges Gehupe, als wären sie von Sinnen und
könnten durch Hupen die Stauungen auflösen, - ein alter Volksglaube?
Alte Überlieferung, Lärmvermehrung.
Frauen mit enormen Gesäßweiten, oft schön zum Ansehen, diese breiten Hintern, schöne sinnlich-starke Vorstellungen herauflockend, aber dann diese Fressen dazu! Sie bringen mich in meinen Tagträumen völlig durcheinander, was kann man da machen? Zerrissene Emotionen wieder, der Witz mit dem Handtuch, das über so ein Gesicht gelegt wird, ist wohl nicht praktikabel, mir hat das noch keiner im Ernst erzählt, daß er es getan hätte.
Schöne, lichtvolle Himmel darüber, denn das nahe Meer fegt alle Stauungen dort oben hinweg. Wolkenschichten voll Licht spät nachmittags, langsame Verschiebungen, sich abdunkelnde Bäume, verblassende Häuserfärbungen.
Im Hof das Plastikspielzeug der Künstler-Kinder, streunende Katzen, gute Gerüche, gestern Nacht ein feiner gleichmäßiger Regen, der sanft auf mein Nervensystem sich verteilte. Dann wurde irgendwo ein Wagen gestartet und das sanfte, gleichmäßige Rauschen verschwand total darin. Dann wieder dieses ruhige, gleichmäßige Rauschen und ich schlief ein.
Ja, manchmal packt mich schon eine dieser hungrigen, wütenden und furiosen Verzweiflungen und ich stoße lautlose wirre Gehirnzeichen aus, so verschüttete alte Tierlaute, gelbe sprachlose zackige Fetzen, oder fluche laut auf deutsch vor mich hin.
Sackkratzer, Spaghetti-Fresser, Schuh-Macher, überall eine Menge Grimassen, der Senat und das Römische Volk rauscht in den Abwasser-Kanälen, zu denen inzwischen die Straßen geworden sind. - Gelegentlich aber stößt man auch auf überraschend stille Ecken, und das sind meistens Ecken, die niemand mehr haben will.
Fünf Minuten von der Villa entfernt, die auch Accademia Tedesca heißt, vorbei an dem gelb verwaschenen Gebäude der Algerischen Botschaft, wo 15, 20 Katzen rumlungern, eine wilder als die andere, eine graue mit nur einem Auge, eine andere mit tiefer Wunde am Hals, rötlich-braune Felle, sie liegen träge in der Sonne oder unter den abgestellten Wagen, und vorbei an einem weißen nackten gleichmäßig-schönen Hintern einer Statue, die über die Balkon-Brüstung sieht, ihren Hintern zwischen einigen Geranien der Straße zugewandt - und immer für winzige Augenblicke der Anlaß zu Tagträumereien, liegt ein kleiner Platz, Piazza Bologna mit Geschäften, Bank, Post, ein kümmerlicher, ausgelebter Grünflecken in der Mitte mit ausgesogenen Bäumen, Kieswegen, ramponierten Bänken, und mit Papier und sonstigen Abfällen gefleckt, einem Zeitungskiosk, drei Obstständen und niedrigem Holzgitter, Gras habe ich da noch nicht gesehen, obwohl vielleicht einiges dünn dort sein mag.
6 Uhr am Samstagabend, und die Straßen, die hierauf zu laufen,
stoßen in immer neuen Wendungen und Varianten Häßlichkeit
aus, ein durcheinander-gehendes rhythmisches Pulsieren, geregelt durch
die Verkehrsampeln und Türen der Geschäftshäuser. - Menschliche
Larven in stinkenden Blechbuckeln von Fiats verstopfen die Blicke, und
ich möchte nicht wissen, was alles sich aus diesen Larven zu völlig
unberechenbaren Momenten entpuppen kann. - Ein Schirmverkäufer mit
einer Radkarre am Straßenrand, die Seitenwände des Karrens sind
aus alten Coca-Cola-Schildern, gegenüber, zwei, drei Schritte entfernt
eine offene Fleischerei, da liegen die weißen Hühnerhäute
und bleichen Kottletts und Stücke Tierfleisch, weiter andere Straßenhändler,
Nippes-Verkäufer, Transistor-Verkäufer, Kunst-Verkäufer,
immer am Straßenrand, der Ladenfront gegenüber. - Mottenhafte
Amerikanerinnen, die aus jeder Falte Parfum stinken und ein Quäken
von sich geben. - Der Maroni-Verkäufer hat neben sich ein altes Telefonbuch
liegen und reißt daraus Fetzen zum Einwickeln. -
(Rom, Blicke, Reinbek 1979, Seite 48)
5
Die frühen Gedichte (1962-1966)
Der erste Gedichtband Rolf Dieter Brinkmanns 'Ihr nennt es Sprache' erschien 1962 in Leverkusen. Die gesamte Auflage (bis auf einige wenige Exemplare) wurde auf Verlangen des Autors zurückgezogen. (Vgl. Georg Jappe: Ihr nennt es Sprache, in: Die Zeit, Ham-burg, vom 23.3.1979)
Aus Nordwestdeutschland kommend, isoliert aufgewachsen, Sprache und Literatur als Fluchtpunkt nutzend, versucht Brinkmann mit seinen frühen Gedichten eine erste, eigenständige Standortbestimmung. Die Versuche sind tastend und z.T. unsicher, die Einflüsse deutlich spürbar.
Er verehrt Benn und Henry Miller, besorgt sich alles, was von Céline
und Gracq zu haben ist, studiert 'Das Neue Lot', geht Artaud, Michaux,
Breton und auch schon Ginsberg nach.
Einflüsse davon sind spürbar in diesen achtzehn
Gedichten, besonders surrealistische, im Wortfluss und im unvermittelten
Zusammenstoß einiger Bilder, ein Hauch von Benns Weltverachtung und
Célines Hoffnungslosigkeit, gelegentlich flackert das Pathos von
Artaud auf, und die Forderung von Gracq nach überraschenden Bildern
im einfachsten Stil wird immer wieder präsent. (Jappe, a.a.O.)
Doch bereits 1963/64 scheint er auf 'eigenen Füßen' zu ste-hen.
Einfachheit, Präzision und Unmittelbarkeit sind die Kon-stituenten
seiner Lyrik (geworden).
_________________________________________________________________________
Gedichte schreiben
O, die alltäglichen Dinge_________________________________________________________________________
die alltäglichen Dingeder Postbote
frühmorgenswirft Rechnungen
und DrucksachenBriefe und
Postkartenins Haus -
er glaubt nichtan Gedichte
und Stillebenan Regen
und Schneeals poetisches
Bildund nutzt die Schuhsohlen ab
und schleppt an der Tasche -er würde
viel lieberden Garten umgraben
ein paar Beete anlegenein Bier trinken
im Schatten dann liegendie Briefe vergessen
die Türen vergessenund alle die Dinge
und alle die Dinge.
Zu Beginn das Thema: die alltäglichen Dinge (verstärkt durch das evokative 'O' und die Doppelung). Der Postbote, der 'Schriftstücke' bringt, scheint (vordergründig! auf den ersten Blick) eine unpoetische Erscheinung zu sein. Aber was bleibt, wenn er seine Sehnsüchte gestillt und "alle Dinge" vergessen hat. Es bleiben die Bilder, es bleibt die Poesie. Nicht an Gedichte "glauben" und doch den 'poetischen Akt' vollziehen.
Gedichte schreiben ist (für Brinkmann) nichts anderes als: "den Garten umgraben" etc. Durch das poetische BILD wird die Vorstellung im Leser wachergerufen, er ist 'im Bild', er ist im beschriebenen Zustand.
Es sind die einfachen Dinge, die wichtig, interessant und nennenswert sind/werden. Die Konzentration auf den Alltag wird im Vordergrund stehen.
6
entfällt
7
Ergebnis einer ersten Zusammenfassung / Korrektur und Erweiterung des
lyrischen Schaf-fens ist der 1967 in Köln erschienene Gedichtband
'Was fraglich ist wofür'. Wendepunkt ist der Band insofern, als er
bereits Hinweise liefert auf die 'amerikanische Epoche'. Hinweise, die
nicht nur Zitate sind (Filme, Lektüre, etc.); Hinweise, die vor allem
in der noch stärkeren und konsequenteren 'Vereinfachung' der Bilder
/ Gegenstände zu finden sind. Bereits in vier kleinen Bänden
erschienene Gedichte werden in dieser Hinsicht / Absicht überarbeitet.
8
Einen 'ungetrübten Blick' (so gibt er vor) hat Brinkmann dann
mit seinem 1968 erschienenen Band 'Die Piloten' erreicht. Der Untertitel
'Neue Gedichte' erinnert an Rilke; ironisch (natürlich?!); mit diesem
'ziselierten Poeten' hat er nicht viel am Hut.
Gewidmet ist der Band dem Andenken Frank O'Haras.
9
Frank O'Hara, geboren 1926 in Baltimore, Maryland; gestorben am 25.
Juli 1966 bei einem Autounfall in New York. (Brinkmann hatte stets Angst,
zu enden wie O'Hara; seine Angst 'ging in Erfüllung'.) Er war Lyriker,
Kunstkritiker, Museumskurator und vieles andere. Für seine Gedichte
gilt, was er selber über die Skulpturen von David Smith schrieb: »Sie
stellen totale Aufmerksamkeit dar und sagen uns, daß das die einzige
Art dazusein ist. Immer wachsam. In einer Hinsicht sind sie freundlich,
weil sie sich zu unserem Vergnügen anbieten. Aber hinter dieser Freundlichkeit
steht die Warnung: sei nicht gelangweilt, sei nicht träge, sei nicht
trivial und nicht hochmütig. Das geringste Nachlassen der Aufmerksamkeit
führt zum Tod.«
Das gilt auch für R.D.Brinkmann, der 1969 O'Haras 'Lunch Poems' übersetzte.
Zu der Aufmerksamkeit kommt die Einfachheit, die nichts zu tun hat mit Vereinfachung / Simplizität. So 'einfach' ist das Leben nicht.
Ein anderer, der Vorbild / Orientierung wurde und blieb, ist William S. Burroughs.
Von ihm übernahm Brinkmann die Methode des Cut up und das Thema 'der Einzelne' / 'der Vereinzelte' und sein Verhältnis zur Masse.
die einfachste art des cut up auf tonband kann mit nur einem gerät durchgeführt werden nehmen sie irgend einen text auf spulen sie zum anfang zurück lassen sie ein beliebiges stück ablaufen stop nehmen sie einen kurzen text auf spulen sie vorwärts stop bespielen sie das bereits bespielte band noch einmal die worte werden gelöscht und durch neue ersetzt wiederholen sie dies einige male und sie erhalten zufällige kombinationen sie werden feststellen daß sich die willkürlichen einschübe in vielen fällen in den text einfügen und ihr kombiniertes band erstaunlichen sinn ergibt (William S. Burroughs: Die unsichtbare Genera-tion, in: Acid, S. 167)
Angewendet hat unser Autor diese Methode weniger (aber auch) in seinen Gedichten als in seinen Prosatexten und Tagebüchern. (Es ist wohl überflüssig zu sagen, daß diese Methode auch ohne das Hilfsmittel Tonband anwendbar ist.)
10
Zentrum der 'amerikanischen Epoche' sind die beiden Anthologien 'Acid'
und 'Silverscreen' (1969). Motiv für die Herausgabe der Werke:
Tatsächlich war das antreibende Motiv, daß ich sie herausgab,
damit ich sie selber einmal lesen könnte, auf deutsch, ist das nicht
lächerlich? Aber so ist es wirklich gewesen, als ich damit anfing
-. (Rom Blicke, S. 385)
So Brinkmanns (nachträgliche!) Einschätzung. Seinerzeit (also vor fast 20 Jahren) wurden diese Bücher für viele (nicht nur Rezipienten, auch und vor allem für Produzenten) zum 'Bildungs-(Damskus?)Erlebnis'. Vorgestellt wurden Texte, Bilder, Fundstücke, etc. einer 'Oberflächen'-Kunst, die in Andy Warhol ihren bekanntesten Protagonisten hatte.
Zugespitzt: Den Stellenwert, den Warhols Suppendosen in der Kunstgeschichte einneh-men, den können Brinkmanns Gedichte für die deutsche Literaturgeschichte beanspruchen.
11
Ein Beispiel:
_________________________________________________________________________
Graham Bonney oder das komplizierte Gefühl
Es war Samstagabend so um neun_________________________________________________________________________
als Helmut Pieper und ich die
Straße runtergingen, ohne uns was
dabei zu denken, und plötzlich GrahamBonney vor uns herging in schwarzem
Anzug, von niemandem erkannt. Ich er-
kannte ihn aber sofort und sagte, da
vor uns geht Graham Bonney, und HelmutPieper erinnerte sich sofort an das
Girl mit dem La-La-La, aber beide
wußten wir nicht, was wir machen sollten
denn Graham Bonney war uns so nah undwir wollten kein Autogramm, obwohl so
viele in dem Augenblick wahrschein-
lich eins hätten haben wollen, aber
sie erkannten ihn ja nicht, währender unter ihnen ging bald so wie Jesus
Christus, dachten wir, und uns tat der
leid, denn wir dachten, wie traurig es
sein muß, von so vielen geliebt zuwerden und deswegen extra in so einem
schwarzen Maßanzug mit einem extra weiten
Schlag in der Hose herumzulaufen in
Schuhen mit hohem Absatz, ohne daß mandann erkannt wird und Zeit hat, nicht mehr
bloß zu singen für soviel Liebe auf einem
Haufen, um dann nicht mehr geliebt zu werden
wenn man nicht mehr singt und auf der Straßeherumgeht als so ein Mensch wie du und ich.
Graham Bonney, mach dir nichts draus, wir
machen uns schließlich auch nichts mehr
daraus, daß wir dich so gesehen haben, ohnemit dir was anfangen zu können als Mensch
obwohl es ein kompliziertes Gefühl gewesen
ist für einen Augenblick, als wir dich vor
uns hatten bald so wie Jesus Christus in so
nem schwarzen Anzug und dem extra weiten Schlag in der Hose.
Drei Personen treten auf: das sog. lyrische Ich, Helmut Pieper (ein Freund B.'s) und der Schlagersänger Graham Bonney. Ort der Handlung: Köln, Zeit: 9. Februar 1968. Nur: Graham Bonney war (vielleicht) nicht G.B. und Helmut Pieper nicht H.P. (vgl. Nachtrag zu dem Gedicht über Graham Bonney etc., in: Standphotos, S. 279-280). Aber das macht nichts. Im Gedicht sind sie d a . Die Fakten sind unsicher, die Erzählung im Gedicht ist es nicht.
Seltsamerweise ist nicht Graham Bonney die Zentralfigur des Gedichts, sondern der Autor und sein 'kompliziertes Gefühl'. Das plötzliche Auftauchen / Auftreten des personifizierten Trivialmythos Graham Bonney verwirrt seine Gefühle, macht sie kompliziert. Der Sänger, der unerkannt wie seinerzeit Jesus Christus auf dem Weg nach Emmaus unter den Menschen wandelt, dient Brinkmann zu einer Selbstinszenierung. Man hätte vermutet, daß sich die beiden (RDB & HP) auf Autogrammjagd begeben, aber die Hilflosigkeit gegenüber ihren 'verwirrten Gefühlen' läßt sie diesen 'normalen' Schritt nicht tun.
Alles, was tiefer dringen könnte, was über die reine Oberfläche
des Berichteten hinausgehen könnte, wird verdrängt, beiseitegeschoben.
Die Welt ist eine Welt der Signale (»mit einem extra weiten Schlag
in der Hose« V. 22/23). Graham Bonney ist ein Signal, das plötzlich
(V. 4) da ist und sofort (V. 7) erkannt wird. Das Gedicht übermittelt
diese Signale, die beim Leser (sofort?) Wirkung auslösen. Er fühlt
sich gut oder schlecht (je-nach-dem) und legt das Gedicht beiseite und
trinkt ein Bier.
12
Viele verstanden auch diese angebliche Reduktion nicht; z.B. Martin
Walser in seiner überflüssigen Polemik 'Über die Neue-ste
Stimmung im Westen' (Kursbuch 20). Er verstand (u.a.) die Provokation einer
Hitler-Abbildung in der Anthologie 'Acid' nicht bzw. falsch.
13
entfällt
14
1969 erschien Oswald Wieners Roman 'Die Verbesserung von Mitteleuropa.
Roman': das Werbeplakat zeigte den Autor, bewaffnet mit einem Vorschlaghammer,
auf einem Trümmergrundstück. Das Werk lieferte die Zertrümmerung
und Vernichtung (also nicht: Verbesserung) aller sog. abendländischen
Formen (und Inhalte). Ähnliches mag Brinkmann mit seinem kurz zuvor
erschienenen Gedichtband 'Die Piloten' vorgeschwebt haben. Vorbilder für
seine (zeitweise: 1967-69) Schreibweise waren dabei verständlicherweise
amerikanische Autoren, die die ganze Bildungslast europäischer Autoren
nicht (unbedingt) mitschleppen (mußten/müssen). Frei von Konventionen
bewegen sie sich im Raum der Phantasie, niemand schreibt ihnen vor, wie
ein Gedicht auszusehen habe. Aber auch hier könnte man (wenn man wollte)
eine Linie nachziehen, die auf eine Tradition hinweisen würde: von
Walt Whitman über W.C.Williams und Charles Olson zu Allen Ginsberg
und Frank O'Hara und The Fugs... Aber wozu würde das führen...?
Ich gebe gern zu, daß ich mich von der deutschsprachigen Lyrik nicht habe anregen lassen. Sie hat meinen Blick nur getrübt. Dankbar bin ich dagegen den Gedichten Frank O'Haras, die mir gezeigt haben, das schlechthin alles, was man sieht und womit man sich beschäftigt, wenn man es nur genau genug sieht und direkt genug wiedergibt, ein Gedicht werden kann, auch wenn es sich um ein Mittagessen handelt. (Vorwort zu 'Die Piloten', in: Standphotos, S. 186-187)
Schön wäre es, ein Referat über R.D.Brinkmann im Rahmen eines Grünkohlessens zu halten!!!
Die Texte der Fugs sind besser. (A.a.O., S. 185)
Tempus fugit und da ist das Gedicht die geeignetste Form (...) spontan
erfaßte Vorgänge und Bewegungen, eine mir in einem Augenblick
sich deutlich zeigende Empfindlichkeit konkret als snap-shot festzuhalten.
(Ebda.)
Hinweis (für Einfluß-Suchende):
- Arno Schmidt: Berechnungen I, in: Rosen & Porree, Karlsruhe 1959,
Seite 283-292 (wichtig!)
- Julio Cortazar: Rayuela, Frankfurt/Main 1981, Seite 534-535 (Kann
B. natürlich nicht beeinflußt haben, aber interessant die Übereinstimmung)
Erklärbar (aus dieser Sicht) auch der enorme Einfluß des Films auf Brinkmanns 'amerikanische' Lyrik. Seine Gedichte sind optische Gedichte; Texte, die genau wahrnehmen und zur genauen Wahrnehmung 'erziehen' wollen.
Gedichte sind sinnliche, körperliche Gegenstände.
Es ist tatsächlich nicht einzusehen, warum nicht ein Gedanke (ein Gedicht, FJK) die Attraktiviät von Titten einer 19-jährigen haben sollte, an die man gern faßt. (Der Film in Worten, S. 227)
Weil: Sex ist eine hübsche Sache. Gedichte mit Sex sind ebenso schön wie der Gegenstand selber. Dantes Beatrice muß Schamhaar gehabt haben. Und die Anmut eines hochgereckten Armes. Oder die nackte Schulter, über die eine Hand streichelt. Dann Titten. Was ist wirklich da? (A.a.O., S. 267)
Film und Sex sind wesentliche Themen der Gedicht in 'Die Piloten' (aber nicht nur). Und Gegenstand und Abbildung bzw. Nennung sind ein-und-dasselbe.
Jeder Mensch ist ein Künstler. (Joseph Beuys)
15
1970 erschien der Gedichtband 'Gras', den man nur noch unter Vorbehalten
der 'amerikanischen Epoche' Brinkmanns zuzählen kann. Zum letzten
und (subjektiv gesehen) schönsten Gedicht dieses Bandes ('Wolken')
später näheres.
Nach Erscheinen dieses Bandes entschloß sich der Autor, vorerst keine weiteren Bücher zu publizieren. Er wandte sich ganz den Vorarbeiten / Vorüberlegungen zu einem zweiten Roman (nach 'Keiner weiß mehr', 1968) zu. Ergebnisse dieser Arbeit sind die Tagebücher / Arbeitsjournale 'Rom, Blicke' (1979), 'Erkundungen für die Präzisierung des Gefühls für einen Aufstand' (1987) und 'Schnitte' (erscheint demnächst).
Erst eine Woche nach seinem gewaltsamen Tod erschien im Mai 1975 'Westwärts 1&2'.
1970-1975: fünf-sechs Jahre der Abkehr vom Alten und Hinwendung zum Neuen.
Belege für die Abkehr / Umkehr / das Neue: die Tagebücher (z.B. 'Rom, Blicke', S. 105).
Wichtig allein ist: der EINZELNE ('Rom, Blicke', S. 210).
Die Gedichte werden länger (bis zu 27 Seiten) und verschach-telter,
komplizierter, fragmentarischer.
Zitat: Ich ziehe einen anderen Zettel aus der
Mappe mit flüchtigen Notizen für dieses Nachwort hervor. Auf
dem Zettel steht, jedes Gedicht, noch das perfekteste, in sich geschlossenste,
vollendetste Gedicht ist ein Fragment. Ich kann zugeben, ich verstehe das
nicht. Die fragmentarische Form, die ich verschiedentlich benutzt habe,
ist für mich eine Möglichkeit gewesen, dem Zwang, jede Einzelheit,
jedes Wort, jeden Satz hinter einanderzulesen, und damit auch logische
Abfolgen zu machen, wenigstens für einen Moment nicht zu folgen. Eine
andere Möglichkeit sind die unverbundenen Vorstellungen, von einem
Satz oder einem Satzteil zum nächsten jeweils ein anderes Bild zu
bringen. Ist das neu? Nein, alles ist doch da! Diese springende Form, mit
den Zwischenräumen, die vorhanden sind, Gedankensprünge, Abbrüche,
Risse, und neu ansetzen, nach dem zuletzt Geschriebenen, hat mir jedenfalls
die Gelegenheit mehrerer Abflüge gegeben. (Unkontrolliertes Nachwort
zu meinen Gedichten, in: Literaturmagazin 5, S. 234-235)
Da (hier) aufgrund der Eingrenzung des Themas nicht auf dieses Werk eingegangen werden kann, sei mit dem allergrößten Nachdruck auf die private Lektüre dieser Texte hingewiesen: die ergreifendsten Gedichte seit Trakl und Brecht (H.P. Piwitt: Rauschhafte Augenblicke, in: Der Spiegel, Hamburg, vom 17.9.1979).
Hingewiesen sei auch auf die Lektüre eines der wohl schönsten
Gedichte in deutscher Sprache: G E D I C H T . In: West-wärts
1&2, S. 41
_________________________________________________________________________
Gedicht
Zerstörte Landschaft mit_________________________________________________________________________
Konservendosen, die Hauseingänge
leer, was ist darin? Hier kam ichmit dem Zug nachmittags an,
zwei Töpfe an der Reisetasche
festgebunden. Jetzt bin ich ausden Träumen raus, die über eine
Kreuzung wehn. Und Staub,
zerstückelte Pavane, aus totemNeon, Zeitungen und Schienen
dieser Tag, was krieg ich jetzt,
einen Tag älter, tiefer und tot?Wer hat gesagt, das sowas Leben
ist? Ich gehe in ein
anderes Blau.
16
Der Tod:
Zu lesen sind die Erinnerungen Jürgen Theobaldys ('Bevor die Musik
vorbei ist') in: Literaturmagazin 15; insbesondere die Seiten 10-11 und
20-21.
17
(Evtl. Versuch einer gemeinsamen Interpretation des Gedichtes 'Wolken',
Standphotos, S. 361)
Wolken
«Ein paar Wolken mehr oder weniger da oben,_________________________________________________________________________
das ist mir ergal ... das ganze Bild kann ich nicht
überblicken.»Dieses Blau ist heute phantastisch.
Ich komme gerade in dem Moment ins Zimmer. Es ist
aunaufgeräumt. Auf dem Fußboden liegt
die Zeitung von gestern, die nicht zu Endegelesen wurde. Soll ich sie zu Ende lesen?
Etwas Unnützes überredet mich, es nicht zu tun.
Ein paar Wörter ... ein paar,
die mir gefallen.Ich mag das und auch das Tempotaschentuch,
das die ganze Nacht dort vor dem Bett gelegen
hat.Wenn ich «hoch» genug gekommen bin,
werden diese Sachen klarer.Ein weiches Stück Papier,
ein Tempotaschentuch,In dem du bist.
Ich hebe es vom Boden auf und putz mir damit die Nase.
Das ist ein schöner Kontrast zu dem Blau,
das zwischen den Wolken ist, die auch gleich draußenüber dir sind. Du siehst hoch, du siehst «Wolken».
Es sind dieselben, die in dem Wort Wolken sind,auf diesem Blatt Papier, in meinem Zimmer,
in mir drin,
blau.
18
Zum Nachdenken für alle:
Das Überraschende der neuen amerikanischen Gedichte ist, daß
sie zunächst einfach nur da sind. Daß ein Gedicht einfach nur
da ist, stellt heute für das abendländische Bewußtsein
von Gedichten sowohl für den Produzenten wie auch für den Leser
den schwierigsten Ausgangspunkt dar. Denn besetzt von dem verschwommenem
Wissen von einer sogenannten »Modernen Lyrik« und deren abstrakt-theoretischen
Implikationen, ist die Sensibilität der Aufnahme von Gedichten abgestumpft.
Immer ist da theoretisch an der Schraube gedreht worden, und jetzt dreht
sich die Schraube leer im Gewinde auf derselben Stelle. Wir sehen durch
Theorien auf Gedichte und erblicken dann nichts anders als Belege für
unsere Theorie. Das ist sehr langweilig. (Der Film in Worten, S.
248)
19
...die Poesie ist immer das, was nicht gesagt, nicht formuliert
worden ist. (Ein unkontrolliertes Nachwort zu meinen Gedichten, S.
248)
20
Wenn die Musik vorbei ist, wird das Licht ausgedreht, und wo gehst
du dann hin? (A.a.O., S. 233)
_________________________________________________________________________
Vortrag, gehalten am 28. Juli 1987 an der Universität Augsburg
(Seminar für Neuere Deutsche
Literaturwissenschaft / Komparatistik), überarbeitete Fassung
_________________________________________________________________________
RAINER MARIA
GERHARDT.
Plädoyer für ein besseres
Gedächtnis der Literaturwissenschaft
1
Ich kannte einmal, um 1950 herum, einen jungen Mann, Rainer M. Gerhardt,
der Verse schrieb. Er war so voll davon, daß er sterben mußte.
Es gab auch andere junge Dichter, Frühgefällte, mit dem Hautgout des Todes und der Vergeblichkeit, und da war noch das schwarze Los, das einer gezogen hatte, noch lange nicht der Anteilschein auf späteren Ruf, nicht einmal auf Erinnerung. Ich nennen in diesem Zusammenhang die jung Verstorbenen Werner Riegel, Alexander Xaver Gwerder, Rainer M. Gerhardt - die standen alle als unübersehbare einzelne in ihrer Zeit, ein jeder mutig auf seine Art, verrückt auf seine Art, unbeugsam, manisch bis zum selbstgewählten oder lange vorausgeahnten Ende, und doch war keiner von ihnen Günstling einer ganz besonderen Stunde. Sie waren wohl Bekenner eines glaubens- und illusionslosen Individualismus und fanden doch den Weg nicht von ihrer Isolierung zu anderen Einsamen. Während Wolfang Borchert erhöht wurde zum Sinnblild des leidenden einzelnen, blieben sie: Randerscheinungen der Literatur.
Der ebenso begabte wie gefährdete junge Mann hat sich für die Idee, die Dichtung, und zwar die anspruchsvollste und schwierigste Dichtung der Moderne aller Länder, ins Zentrum des geistigen Lebens zu rücken, buchstäblich aufgeopfert.
Dabei kamen sie vom Schichtunterricht (was'n Wort wieder! :
Rainer M. Gerhardt bitt für uns!) : die blanken Wurmpaare all ihrer Lippen hielten sich an den Enden gefaßt; P'fesser Eschborn hatte's auch gesagt!
Daß Olson nicht bekannt ist, erscheint um so erstaunlicher, als er früher als andere amerikanische Lyriker in Deutschland vorgestellt wurde, und zwar bereits 1952 in Rainer M. Gerhardts 'Fragmenten', zu dessen engeren Mitarbeitern Creeley gehörte. Aber leider ist auch Olson, wie die anderen Aktivitäten dieses wohl entschiedensten literarischen Vorstoßes in Deutschland, unbemerkt geblieben. Die wenigen, die, wie ich selber, sich daran orientiert haben, scheinen nicht zu zählen.
Ich kann einfach nicht begreifen, wieso sich kein Verleger findet, der das Gesamtwerk Gerhardts ediert. Es markiert einen Beginn: unseren, nach dem zweiten Weltkrieg. Wir gehen mit dem, was wir haben könnten, übel um.
2
Als Literarhistoriker wollen wir Kenntnis gewinnen von dem, was
gewesen ist; suchen das einzelne an seinem geschichtlichen Ort auf; bemühen
uns, es dort zu verstehen und in den Ablauf der Geschichte einzuordnen.
So ist Literaturgeschichte Kunde von dem, was gewesen ist, und - wenn sie
die Gegenwart einbezieht - von dem, was ist. Die Universität und die
hier besorgte Literaturgeschichte sind eine Stätte der Bewahrung dessen,
was war und ist, ein Ort der möglichen Erinnerung. Es muß eine
solche Stätte geben, damit nicht beliebig vergessen wird. An ihr,
mit den in den Bibliotheken versammelten Büchern und in der Literaturgeschichtsschreibung
selbst, wird Altes und Neues aufbewahrt, auf daß es in seiner Fülle
bereitstehe und Zugänge, wenn sie gewünscht werden, möglich
sind. Texte werden hier gehütet, gesichtet, in ihren ordentlichen
Zustand gebracht, d.h. in den legitimen Wortlaut, und eingeordnet in den
geschichtlichen Zusammenhang. Daraus erwächst auch dem einzelnen Werk
Nutzen; denn auch das einzelne, mögen wir es noch so sehr für
eine Sonderbetrachtung isolieren, steht in Zusammenhängen, ist von
ihnen bedingt, und das Verstehen ist in den meisten Fällen nur möglich,
wenn auch diese Verflechtungen und Bedingungen erkannt und entsprechend
veranschlagt werden. Wissenschaftliches Verstehen wenigstens vollzieht
sich so und ist dadurch ausgezeichnet und zu einem Teil in seinem Wesen
bestimmt.
3
A., B. und C. (schwören es zusammen) : Müde vom
Durchwandern
öder Letterwüsten, voll leerer Hinrgeburten, in anmaaßendsten
Wortnebeln; überdrüssig ästhetischer Süßler wie
grammatischer Wässerer; entschloß ich mich: Alles, was je schrieb,
in Liebe und Haß, als immerfort mitlebend zu behandeln! ---
20. 9. 1958 / Darmstadt i.d. Barbarei
A r n o S c h m i d t
(Vorspiel, in: DYA NA SORE, Karlsruhe 1958, Seite 12)
4
Nicht möglich ist es: abzusehen von der eigenen Person, von den
eigenen 'Gefühlen' / 'Emotionen', von »Liebe und Haß«
Nicht möglich ist es: Literatur zu begreifen als nur Vergangenes,
das nicht hineinreicht (und wirkt) in unsere Gegenwart. Nicht möglich
ist es: Versäumnisse nicht aufzuzeigen, die begangen wurden von denen,
die sich immer wieder für zuständig erklären.
Es geht darum, das im Gedächtnis zu halten, was ihm eingepflanzt wurde durch Entscheidung des Ich. Es geht darum, das Eingepflanzte bereitzuhalten für den Fall / die Gelegenheit, in der es gefordert ist. Es ist gefordert, wenn andere vegessen (wollen), was gewesen ist. Vergessen ist lebensnotwendig, Vergessen ist aber auch tödlich (kann tödlich sein). Das/der Vergessene kann den Vergeßlichen einholen; und: ginge es zu wie im Wilden Westen: der Vergeßliche wäre unweigerlich verloren...
5
Man kann nicht sagen, daß das Werk Rainer M. Gerhardts vergessen
ist. Man kann auch nicht sagen, daß sich niemand dafür interessiere.
Es gibt Leute (auch sog. 'einflußreiche' Leute), die glänzende
Augen bekommen, wenn ich ihnen von der Arbeit dieses Mannes erzähle.
Sie hören mit wirklicher Aufmerksamkeit zu, stellen Fragen.
Vor einiger Zeit habe ich deshalb versucht, meine Meinung / Haltung / Wertung dieses Werkes in zehn Thesen zusammenzufassen in der Hoffnung, nicht immer wieder begründen zu müssen, warum ich soviel von Rainer M. Gerhardt erzähle, warum er mir (!) so wichtig ist.
6
Zehn Thesen zu Rainer Maria Gerhardt
I
Das Werk Rainer Maria Gerhardts (1927-1954) war (ist!) vorwärtsgerichtet
(im Gegensatz zu den Werken der meisten Nachkriegsautoren, die ihre (eigene?
subjektive?) Vergangenheit 'aufarbeiten' mußten).
II
Er (Gerhardt) versuchte, abendländische Tradition (nicht im ausgeleierten
Sinn des Wortes) mit europäischer und außereuropäischer
(vor allem amerikanischer) Moderne zu vereinigen.
III
Sein Werk war eine Ausnahme.
IV
Das Vorhaben Gerhardts war zu gewaltig für einen Einzelnen.
V
Die wirtschaftlich-politischen Verhältnisse ließen das Vorhaben
nicht zu.
VI
Er machte die amerikanische Literatur mit progressiven Ansätzen
einer neuen deutschen Literatur bekannt.
VII
Sein Werk lebt weiter (nicht so sehr in Deutschland als vielmehr in
den USA).
VIII
Die Literatur(-wissenschaft, -geschichtsschreibung) hat versagt. (Weniger
die Amerikanistik als die Germanistik.)
IX
Andere haben ihn ausgebeutet.
X
Eine 'Wiedergutmachung' ist überfällig!
7
Wer ist zuständig???
Niemand!
Alle sind mit Wichtigerem beschäftigt.
Wer ist zuständig?
Die Institution heißt: Neuere Deutsche Literaturwissenschaft.
Was hat sie getan?
Nichts!
Wer ist zuständig?
Nebenan gibt es die Amerikanistik.
Was hat sie getan?
Einiges.
Es gibt drei/vier umfangreichere Aufsätze, die sich mit dem transatlantischen
Brückenschlag Gerhardt - Olson/Creeley beschäftigen.
Gut, aber zu wenig.
Es ist an der Zeit...
8
Aussage einesführenden Kopfes der Amerikanistik:
E i n Untersuchungsthema ist längst reif: die Leistunge,
die in den frühen Jahren nach der Katastrophe der junge Karlsruher
Lyriker Rainer Maria Gerhardt (1927-1954) als Übersetzer und Herausgeber
der zunächst mimeographierten, dann, nach der Währungsreform
für kurze Zeit gedruckten Freiburger Zeitschrift 'fragmente. internationale
revue für moderne dichtung' vollbracht hat.
9
Aussage eines führenden Kopfes der Literaturwissenschaft /
Literaturge-schichtsschreibung:
Geschichte der Literatur ist ein Prozeß ästhetischer
Rezeption und Produktion, der sich in der Aktualisierung literarischer
Texte durch den aufnehmenden Leser, den reflektierenden Kritiker und den
selbst wieder produzirenden Schriftsteller vollzieht. Die unabsehbar wachsende
Summe literarischer 'Fakten', wie sie sich in den konventionellen Literaturgeschichten
niederschlägt, ist ein bloßes Residuum dieses Prozesses, nur
angesammelte und klassifizierte Vergangenheit und darum keine Geschichte,
sondern Pseudogeschichte. Wer eine Reihe solcher literarischer Fakten schon
für ein Stück Geschichte der Literatur ansieht, verwechselt den
Ereignischarakter eines Kunstwerks mit dem einer historischen Tatsächlichkeit.
(...) Das literarische Ereignis hat im Unterschied zum politischen nicht
für sich weiterbestehende unausweichliche Folgen, denen sich keine
nachfolgende Generation mehr entziehen könnte. Es vermag nur weiterzuwirken,
wo es bei den Nachkommenden noch oder wieder rezipiert wird - wo sich Leser
finden, die sich das vergangene Werk neu aneignen oder Autoren, die nachahmen,
überbieten oder widerlegen wollen. Der Ereigniszusammenhang der Literatur
wird primär im Erwartungshorizont der literarischen Erfahrung zeitgenössischer
und späterer Leser, Kritiker und Autoren vermittelt. Von der Objektivierbarkeit
dieses Erfahrungshorizontes hängt es darum ab, ob es möglich
sein wird, Geschichte der Literatur in der ihr eigenen Geschichtlichkeit
zu begreifen und darzustellen.
10
Wenn ich H.R.Jauß richtig verstanden habe, kommt es auch hier
mal wieder auf den Einzelnen an; ihm wird die Sysiphos-Arbeit der 'Objektivierung
eigener Leseerfahrungen' aufgebürdet. Gibt es diese Einzelnen im universitären
Bereich? Wo sind sie? Mit welchen Arbeiten bereichern sie unser Erkenntnisinteresse?
- Der 'Output' ist gewaltig, aber...
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An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen.
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Vielleicht aber liegt das Problem hier (mal wieder) ganz woanders.
- Einer, der gesagt hat, was auch ich denke, Niklaus Meienberg, hat einen
Brief an einen Universitätswissenschaftler geschrieben. Was für
diesen (einen Historiker) gilt, gilt (naturgemäß?) auch für
den Literaturwissenschaftler.
Warum erreichen die Universitäts-Produktionen nur schwer ein breiteres Publikum? Weil sie nicht müssen, weil sie nicht wollen, aber auch weil sie nicht können. Das Können wird der studentischen Jugend schon früh abgewöhnt, ein lesbarer Stil gilt als unwissenschaftlich und muß sich das Schimpfwort 'journalistisch' gefallen lassen, schon in den Seminararbeiten hat ein solcher Stil keine Chance; Verständlichkeit = Un-wissenschaftlichkeit. Mit dem Wollen ist es aber auch nicht weit her: Wer will schon mit seinen akademischen Produktionen einen Aufruhr veranstalten, politisch eingreifen, anstrengende Wühlarbeit leisten? Man könnte sich die Universitäts-, aber auch andere Karrieren damit versauen. Und weil man nicht vom Markt abhängig ist, gibt es auch keine Müssen. Man muss nicht so schreiben, dass man verstanden und deshalb auch gekauft wird, man hat irgendein Stipendium im Rücken, den Nationalfonds oder sonst etwas Nettes, lebt nicht vom Erlös seiner Arbeiten, sondern ist fest installiert als Funktionär mit Salär. (...) Und wie soll man sich das vorstellen: einerseits der solide Forscher, der asketische Quellengrübler und Lustverhinderer, andererseits der 'Aufbereiter' oder 'Zubereiter', schmatzender Koch, der seinen süffigen Stil wie eine Béchamel-Sauce, immer die gleiche, über den ansonsten langweiligen Inhalt giesst, damit er konsumabler wird? Aber nicht doch, nom de Dieu! Der lebendige Stil resultiert vielmehr aus einer lustbetonten Rutengängerei, dem Aufspüren von schriftlichen, und, wie oft muss man's noch betonen, von mündlichen Quellen; er entsteht aus Anschauung und Widerspruch, vagabundierender Forscherlibido und Formulierungskraft; eins wächst aus dem anderen hervor, und wenn man das Forschen vom Formulieren trennt, wird der Stil frigid.
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Ihre Sprößlinge werden keine Wurzel treiben, und ihre
Zweige keine Frucht bringen.
Zu: Notizen zum Thema LEBEN
& SCHREIBEN
Das sind Tagebuchaufzeichnungen
zum genannten Thema, mehr oder weniger willkürlich aus dem Zusammenhang
herausgerissen. Die Zitate gefallen mir, deshalb sind sie da. Sie können
etwas aussagen zur Sache, sie sind aber auch gleichzeitig Beispiele für
Schreibweisen (die nicht unbedingt die meinen sein müssen). Entstanden:
immer mal wieder zwischen 1981 und 1986.
Zu: Einige Notizen zu Rolf
Dieter Brinkmann
Vgl. Anmerkung am Ende des
Textes.
Zu: Rainer Maria Gerhardt.
Plädoyer für ein besseres Gedächtnis der Literatur/wissen/schaft
Geschrieben 1989 als Argumentationsgrundlage
für das Projekt einer Dissertation über den vergessenen Dichter
und Verleger.